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Volvo Ocean Race: Hightech sorgt für Rückenwind

Tag 13, Etappe 4 zwischen Melbourne und Hong Kong beim Volvo Ocean Race. An Bord: Sun Hung Kai/Scallywag. Foto: Red Bull Content Pool.

Die härteste und längste Regatta wird nicht mehr bloß auf Booten, sondern auf Hightech-Maschinen ausgetragen. Warum übernimmt nicht gleich ein Computer das Ruder?

Österreich ist eigentlich eine Segler-Nation. Das glauben Sie nicht? Na gut, die Skifahrerinnen und Skifahrer überstrahlen hierzulande sportlich immer noch alles. Aber im Sommersport geben die Seglerinnen und Segler den Ton an. Blicken wir einfach auf die Medaillenbilanz bei Olympischen Sommerspielen: Drei von vier heimischen Goldmedaillen seit der Jahrtausendwende wurden ersegelt. Sechs der 14 Medaillengewinnerinnen und -gewinner in Rot-Weiß-Rot in diesem Zeitraum kommen aus dem Segelsport. Und wer holte bei den Spielen in Rio de Janeiro die einzige Medaille? Genau, das Segelteam Tanja Frank und Thomas Zajac.

Tag 12 beim Volvo Ocean Race. Alex Gough and Annemieke Bes kämpfen mit rauen Seegang am 13.Jänner 2018. Foto: Red Bull Content Pool.

Neben den Olympischen Spielen und dem America's Cup zählt auch das Volvo Ocean Race, eine 45.000 Seemeilen (ca. 83.000 Kilometer) lange Hatz über vier Ozeane, zu den Big Three-Events des Segelsports. Es gilt als die härteste und längste Regatta der Welt, ein sportliches Drama aus den Elementen Wind und Wasser, Willenskraft, seglerisches Know-how und – immer wichtiger – Technologie. In elf Etappen geht es zeitweise mit über 35 Knoten – für Landratten: knapp 70 km/h – rund um den Globus. Das Besondere an dieser Regatta: Jedes Team wird mit demselben Bootstyp ausgestattet. Der einzige Weg zu gewinnen ist also, härter und smarter zu segeln als die Konkurrenz. Der Verlauf der Regatta war heuer hochdramatisch. Etappen werden bloß mit wenigen Minuten Vorsprung gewonnen.

Team Dongfeng beim Volvo Ocean Race in Cardiff, Wales am 11.Juni 2018. Foto: Red Bull Content Pool.

1, 5 Milliarden Menschen sind dabei. Beim Volvo Ocean Race werden Orte passiert, an denen Boote und Menschen eigentlich nicht sein sollten. Boote? Es sind etwa 20 Meter lange Hightech-Kampfmaschinen. Satellitenkommunikation, Onboard-Media-Station, Search and Rescue Transponders usw. – ohne Hightech geht auf hoher See nichts mehr. Der Wahnsinn will nämlich kontrolliert und berechnet sein. Die Boote sind auch von den letzten Winkeln der Erde aus erreichbar. Denn nur so kann die Regatta auch zum multimedialen Großereignis werden, das von insgesamt 1,5 Milliarden Menschen verfolgt wird.

Freeride Snowboard Legende Travis Rice (USA), steigt auf den Mast der Dongfeng und hinterlässt eine handgeschriebene Nachricht: "Get lost and you will find, let intuition lead the way". Foto: Red Bull Content Pool

Facebook-Posts vom Ende der Welt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer können die Crews jederzeit online verfolgen. Fünf fixe HD-Kameras, zwei Mikrophone, Nachtsichtgeräte, Slow-Motion, 360-Grad-Kameras, Drohnen – der Onboard-Reporter jedes Teams kann aus dem Vollen schöpfen, damit das Hochseedrama mit atemberaubenden Bildern und Videos zu Hause erfahrbar gemacht wird. All diese Geräte können auch vom Kontrollzentrum im spanischen Alicante aus gesteuert werden. Eine Flotte an Satelliten schwirrt in 36.000 Kilometer Höhe herum, damit die Videos, Fotos und Facebook-Posts auch überall ankommen. Unverzichtbar in unserer heutigen Social-Media-Welt.

Verzichtet wird jedoch auf Komfort; der ist lediglich Ballast. Die neunköpfige Crew lebt auf engstem Raum und befindet sich im Dauerstress. Der Tag ist rund um die Uhr in Vier-Stunden-Schichten eingeteilt: vier Stunden schuften, vier Stunden Ruhephase. Geschlafen wird in Klappnetzen. Im Rumpf ist es feucht und eng. Bei hohem Seegang auch laut, weil die Wellen ungedämpft gegen das Boot klatschen. Schlafmangel ist vorprogrammiert. Über Wearables werden biometrische Werte der Crew gemessen. Sie sollen Aufschluss darüber geben, wie Menschen mit solchen Extremsituationen fertig werden, wie sich Herzaktivität, Stoffwechsel und Fitness während des Rennens ändern.

Motiv beim Volvo Ocean Race. Foto: Red Bull Content Pool

Ein Österreicher oder ein Computer? Hobbyseglerinnen und -segler werden Apps wie Windseeker und Konsorten kennen, um über die Windbedingungen auf seinem Heimrevier Bescheid zu wissen. Kein Vergleich jedoch zu der Flut an Daten, die für die Teilnehmer des Volvo Ocean Race gesammelt werden: Wetter, Temperaturen, Wellengang, Strömungen und vieles mehr. Diese werden von einem Computer gefiltert und vom Skipper und seiner Crew interpretiert. Aber ist das Rennen nicht bereits so hochtechnisiert, dass gleich – analog zum eigenständig fahrenden Auto auf unseren Straßen – ein Computer das Ruder übernehmen könnte? „Es gibt auf dem Meer sehr viele Dinge, die nur gesehen oder gefühlt werden können. Ich glaube nicht, dass eine Maschine Wind, Wasser und Wolken genauso deuten kann wie ein Segler mit zwanzig Jahren Erfahrung“, meint zumindest Ernst-Jan van Housselt, Ingenieur beim Team Brunel gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Mal schauen, wer zuerst das Steuer auf einem Boot beim Volvo Ocean Race übernehmen wird: ein Österreicher oder ein Computer? Trotz der hervorragenden Leistungen der heimischen Seglerinnen und Segler, hier dürfte die Maschine trotzdem die besseren Chancen haben. Fotocredits: Red Bull Content Pool.

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