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Wie das Internet unsere Sprache verändert

 

VIDEO: Interview mit Autorin und Journalistin Ingrid Brodnig: Verändert die Digitalisierung unsere Sprache?

„Sheesh“ (Ausdruck des Erstaunens), „sus“ (kommt aus dem Online Gaming-Kontext und bedeutet "verdächtig") und „cringe“ standen heuer zur Wahl zum Jugendwort des Jahres. Mit 42% der Votings wurde schließlich "Cringe" zum Jugendwort des Jahres gekürt. Der Begriff soll ein Gefühl der Fremdscham ausdrücken, "cringe" kann es ironischerweise zum Beispiel sein, wenn Erwachsene Jugendsprache verwenden um cool zu wirken. Auf Schulhöfen und im Internet erfreut sich die Kunstsprache großer Beliebtheit. Wohl die wenigsten aus der Generation 50 plus verstehen noch, was mit ihr oder den vielen Emoticons oder Emojis gemeint ist. Wenn ein Erwachsener etwas „cool“ findet, ist das für einen Jugendlichen eher peinlich. Veränderte Aussprache, Anglizismen, Verkürzungen sind jetzt das A und O. Reden die Generationen jetzt aneinander vorbei? Inwiefern verändert die Digitalisierung die Sprache?

Das meint Ingrid Brodnig

Die Journalistin und Buchautorin Ingrid Brodnig kennt die Meinung und Bedürfnisse der Teenager ziemlich gut. Die Autorin von „Hass im Netz“ ist viel bei Vorträgen und Schulungen unterwegs. „Jugendliche sind ein hartes Publikum“, meint sie, denn diese zeigen sofort das Desinteresse indem sie aufs Smartphone schauen und sich ausklinken. Im Interview meint sie, dass durch das Internet die Grenzen wegfallen, unsere Sprache wird dadurch englischer und neue Slangs kommen dazu. Speziell in YouTube Kommentaren kommen sexistische und homophobe Ausdrücke vor, die Unbehagen verursachen und im tagtäglichen Austausch nichts verloren haben. Brodnig gab im Rahmen des Safer Internet Days auch konkrete Beispiele, wie man sich bei übergriffigen Kommentaren auf Social Media wehren kann. Sie empfiehlt, Wortfilter zu verwenden, Kinder und Jugendliche sollten auf alle Fälle Hilfe in Anspruch nehmen, wenn Gefahr in Verzug ist.

Die Welt von heute verändert sich immer schneller – und damit auch die Sprache.

Sprache im Wandel: Emojis und Emoticons ersetzen Wörter und Sätze

Sprache ist schon seit jeher ein Prozess: Laute, Wörter, Satzbau und Grammatik sind einem ständigen Wandel unterworfen. Wortbedeutungen verändern sich, einige Wörter sterben aus, neue kommen dazu. Wer heute etwa das Nibelungenlied auf Mittelhochdeutsch lesen möchte, sollte besser ein Germanistik-Studium vorweisen, um den Inhalt zu verstehen. Während sich der Sprachwandel früher stetig, aber langsam vollzog, verändert sich die Welt heute schneller – und damit auch die Sprache.

Wie sich die Sprache entwickelt, hängt im Wesentlichen natürlich von ihrer Nutzung in der alltäglichen Kommunikation ab. Für viele gehört die digitale genauso dazu wie die gesprochene: Emojis beispielsweise bereichern eine digital geführte Unterhaltung und sind witzig. Als Menschen Anfang der 1980er-Jahre begannen, in Online-Foren zu kommunizieren, merkten sie schnell, dass es ein Problem gab, zum Beispiel ironische von ernsten Nachrichten zu unterscheiden. Der US-amerikanische Informatiker Scott Fahlmann erfand aus einem Doppelpunkt, Bindestrich und einer Klammer daraufhin ein auf der Seite liegendes lachendes Gesicht, das seitdem als Hinweis auf Ironie fungiert. Dieses mittlerweile berühmte Smiley war das erste Emoticon. Anders als Emoticons sind Emojis eigenständige Bildzeichen, deren Repertoire sich auf weit mehr als nur Gesichter erstreckt: Vom Pizzastück über lachende Teufel bis zu den drei Affen, die nichts sehen, hören und sagen – heute gibt es für jede Situation das passende Bild. Doch nicht nur Emojis, auch der Einsatz von animierten GIFs (also Bildern im GIF-Format, die mittels Software miteinander verknüpft werden, sodass ein kleines Video aus vielen Einzelbildern entsteht) gibt uns eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten auf der Palette der digitalen Kommunikation.

Emojis sind vieldeutig

Seither kommt man an Emojis nicht mehr vorbei. Die kleinen Bildchen sind meist unabhängig von der Landessprache verständlich. Aber als Weltsprache taugen sie nicht. Der Grund dafür: Durch die starken kulturellen Unterschiede ist zu viel Interpretationsspielraum gegeben, was wiederum zu Missverständnissen führen kann. Sieht man die Gestik und Mimik des Gegenübers nicht, kann ein alleinstehendes Emoticon ohne dazugehörigen Satz wahlweise positiv, leicht negativ oder auch desinteressiert ausgelegt werden.

An die 100 Millionen Menschen sprechen Deutsch als Muttersprache.

Programm, Algorithmus, Vernetzung

Was wir mit Worten wie Digitalität, Digitalisierung oder digitale Transformation benennen, sind Phänomene, die relativ neu, komplex und dynamisch sind. Der Trampelpfad der Sprache ist da noch ziemlich frisch. Digitalität beschäftigt uns, weil sie in unserer Privatsphäre präsent ist, weil es private Konzerne gibt, die global agieren und nicht lokalen Gesetzen unterliegen, weil Informationen nicht mehr durch Bilder legitimiert oder garantiert werden können, weil sich Menschen im global village mit den Bewohnern umgeben, die ihnen ähnlich sind und deren Meinungen sie teilen. Jede Quellenauswahl ist selektiv und verzerrt den Überblick auf die Landschaft. Fake news und alternative Fakten sind dazugehörige Auswirkungen dieser Reduzierung auf visuelle Sinne in digitaler Simulation.

Muttersprache Deutsch

Die deutsche Sprache ist mit ihren fast 100 Millionen Sprechern im internationalen Vergleich gar nicht so schlecht aufgestellt und Deutsch ist in Europa immer noch die am zweithäufigsten erlernte Fremdsprache. Es gibt eine große Zahl öffentlich-rechtlicher Fernsehsender mit deutschsprachigem Programm (Deutschland: 23, Österreich: 6, Schweiz: 4) sowie mehr als 50 private Free-TV-Sender. Die meisten internationalen Spielfilme werden nach wie vor für das Deutsche synchronisiert. Auch der lange schon totgesagte Buch- und Zeitschriftenmarkt ist auf hohem Niveau stabil.

Fazit: Derzeit ist die deutsche Sprache entgegen aller Unkenrufe nicht in Gefahr. Auch im digitalen Raum und im Umgang mit der Technologie wird sie derzeit noch nicht vom Englischen verdrängt. Aber das kann sich sehr schnell ändern, wenn die Technologie in Kürze die menschliche Sprache beherrscht. Durch Fortschritte in der automatischen Übersetzung wird die Sprachtechnologie zur Überwindung der Sprachbarrieren beitragen, aber sie wird nur diejenigen Sprachen verbinden, die in der digitalen Welt überlebt haben. Wo sie vorhanden ist, kann die Sprachtechnologie auch kleineren Sprachen den Weiterbestand sichern – wo sie fehlt, kann selbst eine große Sprache unter Druck geraten.

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