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Wisch und weg. Und wieder da.

Der Einfluss digitaler Möglichkeiten ist zumindest bei den beiden Ks – „Kennenlernen“ und „Kommunikation“ – enorm. Foto: Unplash

Ghosts, Fakes und Zombies machen immer mehr Menschen auf Partnersuche zu schaffen.

„Die Module spiel’n verrückt“ ist die Schlüsselzeile aus Computerliebe, einem oft gecoverten Song aus der Ära der Neuen Deutschen Welle. Doch wie wirkt sich die Digitalisierung eigentlich tatsächlich auf Liebe und Partnerschaft aus? Fix ist: Der Einfluss digitaler Möglichkeiten ist zumindest bei den beiden Ks – „Kennenlernen“ und „Kommunikation“ – zweifellos enorm. Zwei Beispiele: Dating-Apps wie Tinder  oder Lovoo haben die Partnersuche für viele Menschen massiv verändert. Und wer liebt, benutzt heute wie selbstverständlich auch Smartphone und Co zum Transport der eigenen Gefühle. Gefühle, die immer öfter – so wie schon früher – durch Emoticons und Smileys, durch Emojis punktgenau zum Ausdruck gebracht werden sollen. Und dennoch gibt es auch Entwicklungen, die nachdenklich machen.

Feige Geister ohne Geist

Eine davon ist das sogenannte Ghosting. Gemeint ist damit ein einseitiger, unvermittelter Kontaktabbruch, für den es keine Vorwarnung und scheinbar auch keine Ursache gibt. Sprich: Ein Mensch, mit dem man gerade noch ziemlich eng verbunden war, löst sich plötzlich quasi in Luft auf. Natürlich gab es schon immer unvermittelte Kontaktabbrüche. Dennoch sind sie im SMS- und WhatsApp-Zeitalter häufiger geworden. Eine Ursache dürfte – neben Sprachlosigkeit, Feigheit und Konfliktscheue – vor allem auch die Verfügbarkeit sein: Die Auswahl an potenziellen Partnerinnen und Partnern ist so groß geworden, dass sich viele bei schwindendem Interesse nicht mehr die Mühe eines halbwegs würdigen Abschieds machen.

So easy eine Partnerschaft mit dem Wischen eines Fingers begründet werden kann, so leichtfertig wollen manche am Ende auch Schluss machen. Und werden so ohne jede Anstrengung, ohne Versuch, die Beziehung zu retten, ganz ohne Vorwarnung oder erklärende Worte zu einer ziemlich grausigen Gestalt: einem geistlosen Geist. Was kann und soll ein Ghosting-Opfer tun? Zunächst natürlich sich mit dem Unvermeidlichen arrangieren. Meist wird zudem empfohlen, einem Ghost nur noch eine einzige Nachricht mit auf seinen oder ihren Weg mitzugeben. Die Zeitschrift Cosmopolitan hat sich Gedanken gemacht, wie diese letzte Nachricht formuliert werden könnte.

Zombieing: Die „Ich bin wieder da“-Masche ist in der digitalen Welt auf Knopfdruck möglich. Foto: Unsplash

Achtung, Untote!

Im Prinzip auch nicht ganz neu ist dieses Phänomen: Menschen, die eben noch über alle Berge waren, stehen auf einmal wieder auf der Türmatte. Das kann eine alte Liebe sein, ein längst vergessenes Abenteuer oder ein ehemaliger Dating-Partner, der nach längerer Kontaktpause plötzlich doch wieder Kontakt aufnehmen möchte. In der digitalen Welt ist genau das aber quasi auf Knopfdruck möglich, was diese „Ich bin wieder da“-Masche zusehends populärer gemacht haben dürfte. Und da (Un-)Tote in gewissen Filmen bekanntlich ihr Comeback als Zombies geben, wurde dieses Verhalten folgerichtig Zombieing getauft. Obwohl rein theoretisch auch aufkeimende Schuldgefühle nach einer langen Sendepause des Pudels Kern sein können, steckt meist etwas ganz anderes dahinter: eine egoistische Machtdemonstration. Wer einem früher verschmähten Menschen ansatzlos neue Gefühle entlocken kann, ergötzt sich leider oft einfach nur an diesem grausamen Spiel.

Süße Lügen, leere Worte?

Dass nicht hinter jedem Modebegriff ein wirklich neuer Trend des digitalen Zeitalters stecken muss, zeigt das Beispiel Future-Faking. Wer eine gemeinsame Zukunft oder wenigstens eine realistische Chance auf eine solche wissentlich vorgaukelt, steht im Grunde genommen sogar in einer langen Tradition. Gerade bei Affären waren schmeichelnde Worte wohl schon immer gang und gäbe. Und diese augenzwinkernde Spielart des Future-Fakings muss keineswegs immer negativ sein: Wenn allen Beteiligten wirklich klar ist, dass die Gegenwart vielleicht doch manchmal mehr zählt als die Zukunft, dann sind süße Lügen vielleicht sogar eine gute Sache. Wenn aber die Erwartungshaltungen auseinanderklaffen, können leere Versprechungen rasch zu einer besonders menschenverachtenden Form des Spielens mit den Träumen anderer werden.

Liebe: macht was sie will

Die schier unüberschaubare Vielfalt der Trendbegriffe rund ums Dating  zeigt jedoch ebenfalls: Nicht jeder „Trend“ ist auch wirklich einer. Und oft steckt hinter einem Begriff wie Benching (die früher auch als „Warmhalten“ bekannte Hinhaltetaktik) wirklich nur ein alter Hut. Auch der bekannte Schweizer Paartherapeut Klaus Heer sieht die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Liebe sehr pragmatisch: „Lieben heißt, sich auf ein unverständliches, nicht kalkulierbares Abenteuer einzulassen. Ghosting und Zombieing gehören zum wilden Wesen der Liebe.“ Heers Fazit: „Die Liebe macht, was sie will. All den blitzgescheiten Algorithmen der digitalen Verkupplungsbranche zum Trotz.“

Titelbild: Unsplash / Tommy Tong

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