Neurobiologe und Buchautor Bernd Hufnagl. © Kurier/Jeff Mangione
Herr Dr. Hufnagl, gibt es so etwas wie das ideale Alter, in dem man seinem Kind ein Smartphone in die Hand geben kann?
Bernd Hufnagl: Zu dieser Frage, die sich generell auf digitale Technologien ausdehnen lässt, gibt es keine wissenschaftlichen Daten. Wissenschaftlich erwiesen ist aber, dass gerade bei sehr kleinen Kindern Bewegung für die Entwicklung von sprachlichen und motorischen Fähigkeiten ganz entscheidend ist. Es gibt etwa Zehnjährige, die zwar im Internet surfen, aber nicht richtig schaukeln können.
Eltern sollten also darauf achten, dass sich ihre Kinder genügend bewegen?
Auf jeden Fall. Wer viel in der digitalen Welt unterwegs ist, bewegt sich in der Regel auch weniger, was allerdings nicht nur für Kinder gilt. Wir sehen etwa, dass die Fälle von Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) durch exzessiven Internet-Konsum zunehmen. Nicht umsonst gehört Bewegung bzw. Sport zu den wichtigsten therapeutischen Maßnahmen zur Behandlung von ADHS.
Smartphones sind also nicht grundsätzlich schlecht für Kinder?
Keineswegs. Wichtig ist es hier allerdings, zwischen aktivem und passivem Konsum zu unterscheiden. Kinder sollten sich nicht an das passive „Berieselnlassen“ gewöhnen. Auch für Erwachsene gilt: Wer exzessiv passiv konsumiert, wird Anstrengungen im Alltag als unangenehm oder langweilig wahrnehmen. Es macht also einen großen Unterschied, ob man digitale Medien aktiv als Werkzeug nutzt oder sich passiv berieseln lässt. Aktiv genutzt sind Smartphones oder PCs nichts anderes als ein Werkzeug. In diesem Zusammenhang gibt es keinen Unterschied zwischen der digitalen und analogen Welt.